Landesgruppe Mecklenburg-Vorpommern

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Lerngruppen Sprache

 

Landesvorsitzende: Beate Westphal, Alter Markt 1, 18055 Rostock
an: Herrn Schwarz
Landesschulrat, Referat 400
Ministerium für Bildung und Kindertagesstätten in MV
Werderstr.124
Schwerin
19053
Rostock, 8.4.2022
Arbeit in den Lerngruppen Sprache in MV


Sehr geehrter Herr Schwarz,
die Deutsche Gesellschaft für Sprachheilpädagogik e.V. (dgs)setzt sich für die Interessen sprachgestörter Kinder und Jugendlicher ein. Vor diesem Hintergrund ist auch die Professionalisierung sowie Vernetzung der Sprachheilpädagogen in unserem Land eine wichtige Aufgabe der Landesgruppe M-V.
Mit dem Wegfall der Sprachheilklassen und Sprachheilpädagogischen Förderzentren in unserem Bundesland werden seit 1,5 Jahren an 18 Grundschulen Lerngruppen Sprache etabliert. Ziel aller pädagogischen und sonderpädagogischen Bemühungen in den Lerngruppen Sprache sind das Überwinden sprachlicher Barrieren, Erweitern der Sprachkompetenzen sowie das Bewältigen der mündlichen und schriftlichen Anforderungen im Unterricht.
Am 2.4.2022 initiierte die dgs ein erstes überregionales Treffen aller an LG Sprache beteiligten Grundschullehrer*innen, Sonderpädagogen*innen sowie upF in M-V. 27 Pädagoginnen aus 8 unterschiedlichen Standorten nahmen unsere Einladung an. Sie berichteten über Erfahrungen in der Arbeit mit Schüler*innen der Lerngruppe Sprache und kamen so in einen beginnenden Austausch.
Zu den positiven Erfahrungen zählen
- die sich verbessernde Teamarbeit zwischen den Grundschullehrkräften und Sonderpädagogen*innen, die damit verbundene stärkere Akzeptanz sonderpädagogischer Interventionen sowie die beginnende Übernahme von Methodik/Didaktik der Grundschulpädagogik in die Lerngruppe Sprache
- das Annehmen eines sprachlichen Vorbilds von Grundschulkindern durch die Lerngruppenkinder, die phonologisch/phonetischen sowie pragmatischen Sprechleistungen der LG-Kinder scheinen sich positiv zu entwickeln (bei altersgerechten kognitiven Vorrausetzungen der Kinder)
- die „natürliche“ Integration der Schüler*innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Bereich Sprache in die Grundschulklasse
Neben diesen gelingenden Ansätzen wurden jedoch eine Reihe von Missständen sowie ungünstigen Rahmenbedingungen aufgeführt, die zunehmend zu einer hohen Überforderung der Lerngruppenkinder sowie der beteiligten Pädagogen führen.
Als Fachverband sind wir besonders über die sehr unterschiedlichen Umsetzungen der durch das Ministerium vorgegebenen Rahmenrichtlinien in den einzelnen
Schulamtsbereichen informiert worden. Die Gelingensbedingungen für die Arbeit in der Lerngruppe Sprache sind dadurch zu unterschiedlich. Somit besteht für Kinder mit Sprachentwicklungsverzögerungen kein ausreichendes einheitliches flächendeckendes spezifisches Förderangebot Sprache im schulischen Kontext in unserem Bundesland.
Daher fordert die Landesgruppe M-V der dgs e.V. die Prüfung folgender Sachpunkte durch die obere Schulaufsicht:
- Umsetzung der Verstärkung des Grundbudgets an allen Grundschulen mit Lerngruppe Sprache, Zuschlag für Lerngruppe Sprache 1= 21 Stunden, Lerngruppe Sprache 2= 22 Stunden (die Erhöhung des Grundbudgets kommt nicht in allen Standorten bei den Lerngruppen an)
- umfänglicher Einsatz des Lerngruppenleiters in der Lerngruppe (der Lehrermangel darf nicht dazu führen, dass der Lerngruppenleiter als Vertretungslehrer in allen JSTen eingesetzt wird)
- der Sonderpädagoge in der Lerngruppe Sprache ist für die Förderung der Schüler*innen der LG zuständig, er darf nicht die präventive Grundschule ersetzen
- Umsetzung der diagnostischen Vorgaben durch das Diagnostikhandbuch (Kinder mit einem hohen Förderbedarf auch im kognitiven und/oder emotional/sozialen Bereich können in der Lerngruppe Sprache nicht erfolgreich lernen; hier müssen die entsprechenden Beschulungsmöglichkeiten an Schulen mit dem FS Geistige Entwicklung sowie in der DFLG und Lerngruppe esE/ kleine Schulwerkstatt genutzt werden).
- umfassenderer Einsatz des Stammklassenleiters in der Grundschulstammklasse, dh. er sollte nicht nur in Ma und Deu in seiner Klasse eingesetzt werden können, sondern in mind. ein, zwei weiteren Lernbereichen, um die LG-Kinder besser kennenzulernen, die sich in Ma und Deu nicht im Stammklassenverband befinden.
Einig waren sich alle Teilnehmer darüber, dass die Rahmenbedingungen für die Lerngruppe Sprache nicht ausreichend bisher ausgestaltet wurden.
Die dgs bietet hier den fachlichen Dialog und die Zusammenarbeit mit dem Ministerium an und verweist auf folgende Stolpersteine, die es gilt zu beheben:
- der Personalschlüssel ist in den Grundschulklassen mit Lerngruppenkindern zu gering; neben einer upF in jeder Lerngruppe im Rahmen des zugewiesenen Grundbudgets (21 /22 Stunden) ist auch eine Unterstützung (upF , Bufti….) in den Grundschulklassen (Bezugsklassen) notwendig, um der enormen Heterogenität (auch in dem Begabtenbereich) gerecht werden zu können, besonders die Schüler*innen der LG benötigen auch im Verband der Bezugsklasse eine stete Begleitung und individuelle Hilfe, um kommunikationsadäquate Strategien nicht nur aufzubauen sondern auch konsequent anwenden zu lernen
- der zeitliche Rahmen von 2 Jahren Förderung in einer LG Sprache ist aus sprachheilpädagogischer Sicht zu gering; Schüler*innen mit besonders stark ausgeprägtem sonderpädagogischen Förderbedarf im Bereich Sprache können ihre Defizite nicht innerhalb von 2 Jahren so mindern, dass ein erfolgreiches Lernen in der Regelklasse möglich wird; die vorgegebene Verweildauer entspricht eher einem Klientel mit mittelschweren bis leichten sprachlichen Defiziten; ein Modell ähnlich der Basic-Klasse wie sie an der Paul-Friedrich-Scheel-Schule in Rostock geführt wird, kann den zeitlichen Rahmen für die Sprachentwicklung unserer Schüler*innen erweitern
- die Lernzeit ist für die LG-Kinder zu gering; Schüler*innen mit umfänglichen Auffälligkeiten auf mehreren sprachlichen Ebenen sind nicht in der Lage in gleichem Zeitumfang wie Schüler*innen ohne Förderbedarf den Schriftspracherwerb zu durchlaufen; das Lerntempo einer Grundschulklasse entspricht nicht dem Lerntempo einer Lerngruppe Sprache, dem Training von
sprachtragenden Grundfunktionen sowie dem Aufbau von Sprachritualen (wie Wahrnehmung, Motorik, phonologisches Bewusstsein, aktiver Wortschatz) muss ausreichend Zeit zur Entwicklung und Förderung eingeräumt werden
- die Rahmenbedingungen für die Fortschreibung des Förderbedarfs Sprache ab Klasse 3 sind nicht klar definiert (Umfang und Ausgestaltung sind nicht bekannt)
- den Grundschullehrer+innen , Sonderpädagog*innen sowie upF benötigen für die Teamarbeit Anrechnungsstunden, es ist unzumutbar die zeitlich aufwendigen Teambesprechungen/ Lernverlaufsdokumentationen/ binnendifferenzierte Unterrichtsplanung auf Dauer ohne Anrechnungen zu erwarten
Wir als Fachverband bieten nochmals unsere Zusammenarbeit und den Dialog, im Sinne einer für alle Beteiligten gelingenden Ausgestaltung der Inklusionsstrategie in unserem Bundesland, an.


Mit freundlichen Grüßen

gez. B. Westphal
Landesgruppenvorsitz dgs M-V